Vor geraumer Zeit war ich bei einer geführten Meditation. Nach der Meditation saßen wir mit den Kids beim Brunchen und redeten über die grössten Ängste die wir im Leben haben. Was mich dann am meisten beeindruckte war ein Mädchen, dass für sich ihre Angst sehr gut definieren konnte. Ihre grösste Angst war es allein zu sein. Es war nicht nur beeindruckend, dass sie ihre Angst so klar benennen konnte. Nein, es war die Art wie sie es gesagt hatte. Es war klar und es war sehr reflektiert….wissend…und ich konnte ihre Angst in ihr spüren.
An diesem Mittag haben wir uns ausführlich damit befasst und festgestellt, dass das Alleinsein eins der Urthemen bei uns Menschen ist. Vielleicht auch, weil wenn wir alleine sind, es für uns eine tödliche Gefahr darstellt. Eine Urangst, wie die Angst vor Feuer oder dem Ertrinken. Im Alltag ist uns diese Angst nicht so bewusst. Wir sind durch unzählige Dinge und Bedürfnisse abgelenkt. Wir beschäftigen uns im Bewussten selten mit unseren Ängsten, dass wir es sogar manchmal vergessen, wovor wir Angst haben. Doch es schwingt immer mit…unsere Ängste sind jederzeit greifbar. Sie sind ein Teil von uns. Und wie ich mit diesem Thema beschäftigt habe, durfte ich feststellen, was wir alles daran setzen uns diesen Ängsten nicht auszusetzen. Insbesondere das Alleinsein.
Für Kinder ist dies meist wesentlich greifbarer. Sie haben meist noch nicht den Filter des Rationalen. Doch sie lernen schnell auch diese Angst zu beherrschen und damit umzugehen. Wir bringen uns bei, wie wir uns dieser Angst nicht mehr bewusst werden. In unserem ganzes Sein beschäftigen wir uns mit dem Tod, bewusst oder unbewusst. Wir beschäftigen uns damit, was der Sinn hinter dieser Existenz ist. Wir erforschen, wer wir sind und warum. Und für uns Menschen, die wir als duale Wesen auf diese Welt kommen, ist es überlebenswichtig in Verbindung zu stehen. Angefangen in der Urzeit, in denen einzelne Individuen es schwerer hatten zu überleben, bis heute, in denen Ausgrenzung und Einsamkeit einen erheblichen Einfluss auf unsere Gesundheit haben.
An der Universität Chicago hat John Cacioppo dies erforscht, wie wichtig für uns Menschen das Thema Gesellschaft ist. Menschen, die sich einsam fühlen, haben ein genauso großes Gesundheitsrisiko wie Raucher. Allerdings hat er auch festgesellt, dass das Gefühl der Einsamkeit für uns wichtig ist, wie der Hunger, den wir manchmal erleiden. Er ist auch eine Antriebsfeder, um für uns zu sorgen, sofern diese Fürsorge für sich überhaupt möglich ist. In Zeiten von Alterseinsamkeit und sozialer Isolation ein nicht zu unterschätzendes Thema.
Alleinsein, bzw. die Angst vor der Einsamkeit, wird von daher häufig tabuisiert. Wir entwickeln Ablenkungen. Und die sind sehr unterschiedlich. Angefangen von sich an andere Menschen zu klammern und sich abhängig zu machen, über Suchtverhalten und sich betäuben bis hin zur; auch wenn es sich widersprüchlich anhört, zur selbstgewählten Isolation oder Abwehrverhalten.
Einer unserer Urtriebe ist es, in Verbindung zu gehen. Das beste Beispiel hierfür ist die Begegnung von Mann und Frau, bzw. zweier Wesen, die sich vereinigen möchten. Unser Antrieb dafür kann sexuell motiviert sein, doch die Grundessenz ist die Begegnung mit dem Gegenüber. In dieser Vereinigung fühlen wir uns ganz. Wir fühlen uns dann verbunden und befinden uns in einem möglichst harmonischen Zustand. Hierbei werden neue Intentionen und Kräfte freigesetzt. Doch auch das AlleinSein kann ein Motivationsmotor sein. Meditation oder Tätigkeiten, in denen wir uns mit uns selbst konfrontieren. Sich selbst wieder spüren. Sich auf sich selbst wieder besinnen, wenn die Erfordernisse im Außen uns zu sehr in Anspruch nehmen. Spazieren gehen, wandern, Dinge reparieren, kochen. Wir suchen uns Nischen, in denen wir ALLEINE sind. Manchmal bewusst und manchmal nicht.
Diese Zustände in der Waage zu halten, ist die grösste Herausforderung. Bei uns zu bleiben und in Verbindung zu sein. Das Gegenüber als einen Bestandteil von mir selbst wahrzunehmen und sich verbunden zu fühlen und nicht in der Abhängigkeit. Von daher hilft es, wenn wir in die U-Bahn steigen, wenn wir uns allein fühlen und ein Lächeln geschenkt bekommen, von jemanden, der für diesen kurzen Augenblick mit uns in Verbindung steht. Und wir fühlen uns dann nicht mehr ganz so allein für diesen kleinen Moment.
Von daher wünsche ich jedem diesen Moment: bei sich zu sein und sich nicht alleine zu fühlen. Denn wir sind es nicht, wenn wir uns für diese Welt öffnen. Vielleicht schaust du das nächste mal im Bus oder Bahn, auf der Straße oder wo du gerade unter Menschen bist dir die Menschen an. Genau unter den Gesichtspunkt, ja….der Mensch da hat Angst vor dem Alleinsein, genauso wie ich und fühlst mit ihm. Du musst dazu nichts machen, sondern es einfach nur spüren. Und schon bist weder Du, noch er in diesem Moment alleine.
Sascha😊
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